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Irgendwas ist ja immer...

Wir gehen gern frühstücken, meine Freundin Ruth und ich.

Und da mein Frühstück zu Hause in der Regel lediglich aus einem großen Becher Tee und sonst nichts besteht, schwelge ich die gesamte Frühstückskarte rauf und runter. Die kleinen und die großen, die süßen und die herzhaften, die italienischen und die französischen Verlockungen.

Und die Extras.

Frauen suchen sich ja bekanntlich etwas aus dem Sortiment der Karte aus und dann geht es los:

"Kann ich statt des Croissants lieber ein zweites Brötchen haben? Und statt des gekochten lieber ein Rührei? Prima, dann brauche ich eigentlich nur noch einen Cappuccino und nicht den normalen Kaffee und bitte noch ein Töpfchen Kirschkonfitüre und etwas Butter extra".

Männer bestellen haargenau nach Karte: Ein großes Frühstück.

Fertig.

Ein Cafe in unserer schönen Hansestadt allerdings wollte uns gar kein Frühstück servieren. Obwohl ich noch gar keine Extrawünsche geäußert hatte.

"Frühstück ist aus"!

Es war 11.00 Uhr vormittags.

Verblüfft bestellten wir lediglich einen Cappuccino. Draußen regnete es in Strömen und wir waren froh, wenigstens warm und trocken zu sitzen.

Ich fühlte mich in die achtziger Jahre versetzt, als es in dem berühmten Lübecker Cafe mit all dem Marzipan nicht möglich war, an Außentischen eine Tasse Kaffee zu trinken.

"Draußen nur Kännchen".

Schon damals hatte ich den Verdacht, es könnte sich um eine reine Erziehungsmaßnahme handeln.

Sollte das jetzt auch der Fall sein?

Sollte der Gast gefälligst früher zum Frühstücken kommen?

Fehlende Brötchen konnten jedenfalls nicht der Grund sein. Die gab es reichlich genau gegenüber beim Bäcker.

Wir waren nicht die einzigen, denen man umbarmherzig das Frühstück verwehrte. Haargenau viermal verließen Gäste ihren gerade eingenommenen Platz, sie alle wollten ebenso wenig wie wir die Alternative wählen, die die Bedienung nicht müde wurde, gebetsmühlenartig anzubieten: "Bagel können sie haben". Dieses runde Gebäck mit einem Loch in der Mitte gehört in den USA zum festen Ernährungsplan.

Mir ersetzt das aber kein Frühstück mit Käse, Schinken, Marmelade und einem Ei.

Lediglich zwei alte Damen entschlossen sich zu bleiben und statt eines Frühstücks zwar keinen Bagel, dafür aber ein großes Stück Sahnetorte zu essen.

Die war nicht aus.

Zu unserem nächsten Frühstück trafen wir uns in einem kleinen Altstadtcafe.

Die Karte bot reichlich Auswahl und nach kürzester Zeit schleppte die Bedienung all die leckeren Dinge an, die wir hemmungslos bestellt hatten. Zufrieden machten wir uns über das Sortiment her und hatten uns jede Menge zu erzählen. Vier Wochen, in denen Frauen sich nicht sehen, können eine lange Zeit sein.

"Kann ich ihren Tisch ein bisschen beiseite rücken?"

MIr schwante Unheil.

Zwei junge Mütter, zwei Kinderwagen nebst umfangreichem Babyequipment und den dazugehörigen Kleinkindern nahmen von ihrem Umfeld Besitz. Man kann es nicht anders nennen.

Mit unserer Ruhe war es vorbei.

Die Lautstärke rechts neben uns ließ eine vertrauliche Unterhaltung nicht mehr zu. Innerhalb kürzester Zeit brüllten wir Dinge über den Tisch, die wir lieber nicht der Öffentlichkeit preisgegeben hätten.

Die Babys quengelten, die Mütter störte das nicht. Das waren sie gewohnt. 

Wir erfuhren ungewollt, wie lange und in welchen Mengen gestillt wurde, Einzelheiten über die Verdauung der Kleinen und genaue Geburtsvorgänge.

Zwischenzeitlich ging das Gequengel in Gebrüll über.

Wir kapitulierten.

Hastig suchten wir unsere Sachen zusammen, ließen das restliche Frühstück stehen, zahlten und flohen nach draußen. Dort umarmten wir uns herzlich zum Abschied und versicherten uns, dass wir unsere längst erwachsenen Kinder damals gern einmal der Fürsorge einer Großmutter oder eines Babysitters überlassen hatten. 

Damit wir uns ungestört und in aller Ruhe einmal über berufliche Probleme, Mode oder unsere Männer unterhalten konnten.

Das nächste Mal, glaube ich, lade ich Ruth zum Frühstück zu mir nach Hause ein.

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