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Irgendwas ist ja immer...

Aus und vorbei!

Deutschland ist raus!
Meine Laune ist schlecht. Ganz schlecht.
Gestern waren in Marseille 32°, bei uns regnet es heute durchgehend. Meine Stimmung wird dadurch nicht besser. Am Nachmittag halte ich es im Haus nicht mehr aus, nehme unseren Hund an die Leine und mache einen Gang durch die Stadt. 
Im strömenden Regen. 
Einen Autofahrer, der mit flottem Tempo an uns vorbeirast, könnte ich steinigen. Er fährt durch eine Spielstrasse und hier sind höchstens 20 km/h erlaubt. Weiß er wahrscheinlich nicht. Oder sein aufgemotzter BMW kann so langsam nicht fahren. Er fährt durch eine Riesenpfütze, das matschige Wasser habe ich dann auf und in meinen Schuhen und der Hund ist pitschnass. 
Auch das noch.
Zum Halbfinalspiel hatten wir eine Fahne aus dem Fenster gehängt. Hat auch nichts genützt. 
Wir hatten Freunde eingeladen. Vor dem Spiel gab es französischen Rotwein, Roche Mazet, französischen Käse und Baguette. Vielleicht war das ein böses Omen. Vielleicht hätte ich Weißwurscht und Sauerkraut servieren sollen. Dazu ein zünftiges deutsches Bier.
Zu spät. 
Wir wurden immer stiller. Und nach dem 2:0 wurde ich von einer bleiernden Müdigkeit erfasst. Ich wußte mit tödlicher Sicherheit: Das Spiel ist gelaufen. 
Außerdem vertrage ich keinen Rotwein. Nach zwei Gläsern fallen mir unweigerlich die Augen zu.
Unser Schwiegersohn, dessen Aufgabe es als Psychologe ist, Menschen mittels Coaching die Angst zu nehmen, soll nach diesem Spielstand mit kreidebleichem Gesicht und den Worten "Das war's" den Raum verlassen haben. Er ist dann auch nicht  mehr wiedergekommen, sondern hat die Einsamkeit seines abendlichen Büros gesucht.
Da kann man mal wieder sehen - gute Ratschläge helfen immer nur den anderen.
Unsere Tochter hoffte als Optimistin, die sie ist, restliche achtzehn Minuten lang, es könnten noch zwei Tore fallen. 
Für Deutschland!
Zwei!!!
Jetzt ist sie genau so deprimiert wie ich. Was interessieren wir Frauen uns auch für Fußball - selber schuld. Wir haben Freunde, da ist die Ehefrau der Fan. Sie kennt jeden Spieler und kommentiert fachlich einwandfrei jedes Spiel. Ihr Ehemann ist am Fußball völlig desinteressiert. 
Auch selten.
Halb Deutschland hat schon zum Finalspiel am Sonntag eingeladen. Grillen und dann Fußball gucken. Mit Mats Hummels, der wieder gedurft, mit Müller, der garantiert seine Torblockade überwunden, mit Boateng, der nicht mehr Oberschenkel und mit Kimmich, der seinen Pass nicht verstolpert hätte, wie im Halbfinale.
Mann!!
Und jetzt?
Es war so schön mit Euch, Jungs. Elfmeter schießen und Manuel Neuer hielt. Was für ein Viertelfinale. Wir waren dabei - also so gut wie. Haben gejubelt, gefiebert, die Luft angehalten, sind rausgerannt, weil die Spannung zu groß war und eine Frau neben mir sagte leise bei jedem versenkten Tor der Italiener: Scheiße, Scheiße, Scheiße. 
Ihr wart unsere Helden. Danke dafür.
Müssen wir uns jetzt eben auf die nächste WM freuen. Sind ja nur noch zwei Jahre.
Und - mal ganz ehrlich - ein wenig gönne ich auch den Franzosen den Sieg. Sie können ein Glücksgefühl in diesem Jahr gut gebrauchen. Vielleicht werden sie ja sogar Weltmeister und vielleicht hilft es der Grand Nation aus dem Tal der Tränen heraus. Terror und eine hohe Arbeitslosigkeit sind keine gute Perspektive in diesen schwierigen Zeiten. 
In all meinem Elend bin ich nur über eines froh: Dass unsere Jungs nicht gegen Portugal verloren haben. Unser Jogi, einsam vor der leeren Tribüne mit Blick auf Ronaldo in Siegerpose wäre mehr als ich hätte verkraften können.
Und schließlich: Wir waren die bessere Mannschaft. Sagt Jogi.
Und der muss es ja wissen.

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