Irgendwas ist ja immer...
Es gibt nichts Besseres als den Feierabend.
Nie habe ich genug Zeit.
Ich renne den ganzen Tag wie ein rosa Duracelhase meinem übervollen Zeitplan hinterher und sinke abends aufatmend auf das gemütliche Sofa. Füße hoch und Fernseher an.
Fertig!
Leider habe ich ein Problem mit der Werbung vor acht.
Mittlerweile hasse ich die "gelbe Schmerzcreme aus der Apotheke" und den Treppenlift, auf dem ein fröhlicher Rentner das vergessene Täschchen seiner Angetrauten aus dem oberen Stockwerk holt. Was die aber auch alles liegen läßt! Eigentlich ein Fall für "Gingium gegen Gedächnisschwäche". Ich hoffe, sie sieht mal die Werbung, wo der Großvater im Auto verzweifelt versucht sich zu erinnern, ob er "das Geschenk für die Kleine" auch eingepackt hat. Vor allen Dingen deshalb, weil seine Frau ihn dabei scharf von der Seite fixiert. Da hat er den totalen Ausfall. Soll die sich doch selbst erinnern, ob die Nachbarin den Schlüssel hat. Aber dann strahlt der Großvater über's ganze Gesicht - er hat an alles gedacht. Weil er nämlich Gingium genommen hat.
Jawohl!
Endlich wird das fröhliche Rentnertreiben unterbrochen:
"Wetter vor acht" wo mir eine scharfe Blondine mit kräftigen Beinen, die in langen schwarzen Stiefeln und hautenger Hose stecken, das fiese Tief "Theo" zeigt und "Börse vor acht", wo Markus Gürne mir kaltlächelnd einen Kursrutsch um die Ohren haut und natürlich die Nachrichten.
Davor bringt allerdings noch ein smarter Typ seiner Mitreisenden im Wohnmobil einen frischen Espresso ans Bett, kauft bei einem griechischen Händler frischen Fisch und brät ihn dann.
Brät Fisch.
Im Wohnmobil.
Bis sie, eingewickelt in ein weißesFrotteetuch, mal schelmisch in die Pfanne lugt.
Das alles ist natürlich reine Fiktion.
Den Kaffee dürften 95 % aller Frauen morgens im Urlaub selber machen müssen und wenn man frischgeduscht sieht, dass im engen Wohnmobil Fisch (!) gebraten wird, wobei der Geruch mindestens drei Tage im Raum hängen wird, ist es eher wahrscheinlich, dass man mit einem schrillen Schrei den beflissenen Koch auffordern wird, sich den schuppigen Fisch sofort zu schnappen und gefälligst draußen zu grillen.
Da die Zielgruppe der Fernsehzuschauer zu der Sendezeit im Rentenalter sein dürfte, ist dieser Spot sowie völlig am falschen Platz. Wer seit vierzig Jahren verheiratet ist, bringt seiner Frau weder Kaffee ans Bett, noch brät er für sie Fisch.
Da sind die Rollen längst verteilt - Mutti kocht und Vatti sieht Sportschau. Nix ist mit schneeweißem Frotteeturban auf frischgewaschenem Langhaar und kühlem Weißwein im Sonnenuntergang am Meer.
Immer noch keine Nachrichten.
Dafür kommt's jetzt knüppeldick:
Prostagutt Forte gegen nächtlichen Harndrang, Vitasprint, damit man auch im hohen Alter "gegen den Enkel eine Chance hat" und ein ekelhaftes Tier, das sich an die Beine einer armen Frau klammert, die scheinbar immer noch nicht weiß, dass sie gegen ihr Venenleiden Antistax braucht. Diese Dumme aber auch. Dabei wird jeden Abend mindestens dreimal darauf hingewiesen.
Da will ich doch lieber beim Farber-Renten-Lotto gewinnen. Ich bin begeistert. Irgendwie habe ich den Eindruck, mein Einsatz wäre völlig kostenlos. Und ein Gewinn ist bombensicher. Sorgen über meine Zukunft muss ich mir nicht mehr machen. "1000,00 € jeden Monat, zehn Jahre lang", verkündet eine in die Jahre gekommene Blondine und strahlt über ihre Pausbacken.
Das will ich auch. Echt super!
Aber das Schlimmste von allem, das, wo ich inzwischen hektisch den Abschaltknopf auf der Fernbedienung suche, das ist die Apothekenrundschau!
Großfamilie Sonnenschein beim Baden und Opa läßt sich von seinen ungeratenen Enkeln den Ball auf den Kopf knallen, was eigentlich im hohen Alter ziemlich weh tun muss. Alle lachen sich über ihn halb schlapp, sind gesund und fühlen sich o.k., weil Mutti unter heftigem Kopfnicken mit der Apothekerin mal alle Zipperchen der Familie durchgesprochen hat.
Es gibt nichts Schlimmeres.
Nichts?
Doch!!
Im Radio!
Wenn die Stimme ertönt: "Weischt, Karle, gut, des wir des Seidebacha Bergschteigermüsli gessen hännt. Seidebacha. Des Müsli vom Seidebacha".
Dann finde ich, ist die Grenze dessen, was man dem wehrlosen Hörer zumuten kann, überschritten. Es kann ja sein, dass man nicht gleich zum Radio sprinten kann, um den Aus-Knopf zu drücken, weil man grade eine komplizierte Sauce zusammenrührt oder sich die Nägel lackiert. Dann nämlich wird das dämliche Geschwäbel zum Albtraum und ich zum wehrlosen Opfer.
Vielleicht hat ja der liebe Gott mal ein Einsehen und läßt Karle und seinen Kumpel vom Gipfel fallen. Trotz des Müslis am Morgen.
Das wäre schön...
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